Angeboren oder Trauma-Folge? Eine klärende Betrachtung für feinfühlige Frauen
Was war zuerst da? Das Huhn oder das Ei?
Immer mehr Menschen, besonders feinfühlige Scannerfrauen, erkennen sich in der Beschreibung hochsensibler Persönlichkeitszüge wieder: intensive Wahrnehmung, tiefes emotionales Erleben, feine Antennen für Stimmungen - aber auch eine erhöhte Anfälligkeit für Erschöpfung, Reizüberflutung oder innerer Unruhe.
Doch was steckt wirklich dahinter? Ist Hochsensibilität eine angeborene Disposition - oder ein Ausdruck früher seelischer Verletzungen?
Die wissenschaftliche Literatur deutet auf ein komplexes Zusammenspiel hin: Es ist kein Entweder-oder. Vielmehr entsteht das hochsensible Erleben aus einem Zusammenspiel von biologischer Anlage und biografischer Prägung.
Hochsensibilität als erlernte Wachsamkeit?
Es gibt Hinweise darauf, dass frühkindliche Erfahrungen einen starken Einfluss auf die Reizverarbeitung im Nervensystem haben. Wenn ein Kind in einer Umgebung aufwächst, in der emotionale Unsicherheit herrscht - etwas durch Vernachlässigung, Überforderung der Bezugspersonen oder subtile Grenzverletzungen bis hin zu tief traumatischen Erfahrungen - kann das Gehirn lernen, besonders wachsam zu sein.
Diese Form der gesteigerten Reizsensibilität - "gelernten Feinheit" - ist dann eine adaptive Schutzfunktion: Im Erwachsenenalter kann dieses Muster wie eine angeborene Hochsensibilität erscheinen: die betroffene Person reagiert stark auf Geräusche, Stimmungen, Worte, Erwartungen. Das Nervensystem bleibt allerdings in einem Zustand innerer Alarmbereitschaft, um potenzielle Gefahren schneller wahrzunehmen.
Ein Beispiel macht den Unterschied deutlich:
In einem belebten Café reagiert eine traumageprägte Person häufig mit innerer Anspannung und Hypervigilanz. Jeder Laut, jede Bewegung wird auf mögliche Bedrohung hin überprüft. Hier steht nicht Genuss, sondern Sicherheit im Vordergrund.
Diese Form der Sensibilität ist eine kluge Anpassung an frühere Unsicherheiten - und darf heute zugleich ein Ruf nach Heilung sein.
(Die Aufarbeitung tief traumatischer Erfahrungen gehört allerdings in psychologisch versierte Hände - gerne gebe ich Dir dafür entsprechende Kontakte)
Hochsensibilität als Temperament
Parallel dazu legen zahlreiche Befunde nahe: Hochsensibilität kann auch angeboren sein. Lies dazu auch gerne meinen Artikel "Hochsensibilität: Was die Forschung zeigt - Neurowissenschaft, Gene & Persönlichkeit".
Die US-Psychologin Dr. Elaine Aron, die den Begriff der Highly Sensitive Person (HSP) prägte, beschreibt sie als biologisches Temperamentsmerkmal, das etwa 15–20 % der Menschen betrifft – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Erziehung.
Zwillings- und Genstudien weisen auf eine moderate Erblichkeit hin. Neurowissenschaftliche Untersuchungen zeigen zudem eine erhöhte Aktivität in Hirnregionen wie der Insula oder dem präfrontalen Cortex, die mit Empathie, Aufmerksamkeit und sensorischer Integration in Verbindung stehen.
Schon Säuglinge zeigen deutliche Unterschiede in ihrer Reaktion auf Reize. Manche Babys erschrecken schneller, reagieren empfindlicher auf Licht oder Lautstärke. Diese Unterschiede bestehen weiter, selbst wenn die Kinder in liebevollen, stabilen Verhältnissen aufwachsen.
Das verdeutlicht: Hochsensibilität muss nicht zwangsläufig auf Trauma zurückgeführt werden. Sie kann einfach "Teil des Seins" und der wunderbaren menschlichen und natürlichen Vielfalt des Lebens sein - also eine angeborene, biologisch verankerte Form der Reizverarbeitung.
Eine veranlagte hochsensible Person erlebt das volle Café zwar ebenfalls als anstrengend, nimmt die Vielzahl an Eindrücken dabei jedoch eher als vielschichtig und reichhaltig wahr. Die Empfindlichkeit ist nicht Ausdruck von Alarm, sondern von Offenheit.
Die Wahrheit liegt dazwischen: Hochsensibilität als Ausdruck und Einladung
In vielen Fällen ist Hochsensibilität vermutlich eine Schnittmenge aus Veranlagung und Erfahrung. Ein sensibles Nervensystem ist in unsicheren Kontexten anfälliger für Überlastung, kann aber in einem stabilen Umfeld besonders gut aufblühen.
Traumatische Erfahrungen können also eine Art "Pseudo-Hochsensibilität" erzeugen oder die angeborene Reizoffenheit überlagern. "Pseudo" will ich in diesem Kontext alles andere als abwertend verstanden wissen!
Entscheidend für die Unterscheidung ist, ob die Reizempfindlichkeit mit ständiger Alarmbereitschaft und dysregulativen Symptomen verbunden ist (Hinweis auf Trauma) - oder ob sie sich primär in einer intensiveren, differenzierteren Wahrnehmung äußert (Hinweis auf Temperament).
Wichtig ist: Hochsensibilität ist kein Fehler. Sie ist weder eine Krankheit noch eine Marotte. Sondern ein Hinweis auf eine besondere Art, die Welt zu erleben: tief, sinnlich, komplex. Mit der Herausforderung, sich gut zu regulieren. Und mit der Gabe, Nuancen wahrzunehmen, wo andere achtlos vorbeigehen.
Wenn du dich in der Beschreibung wiederfindest, heißt das nicht automatisch, dass du ein Trauma tragen musst. Aber wenn du spürst, dass deine Sensibilität manchmal zur Last wird, ist das eine liebevolle Einladung hinzuschauen. Vielleicht war deine Feinheit einst ein Schutz. Heute darf sie dein Kompass sein.
Fazit: Deine Sensibilität ist eine Ressource
Aus heutiger Sicht gilt: Hochsensibilität ist primär ein Temperamentsmerkmal, das neurobiologisch und genetisch verankert ist. Traumatische Erfahrungen sind nicht die Ursache, können aber ähnlichen Erscheinungen hervorrufen oder die Ausprägung verstärken.
Ob angeboren oder geprägt – Hochsensibilität ist immer ein wertvoller Hinweis auf dein inneres Erleben. Sie macht dich nicht schwächer, sondern tiefer. Und du darfst lernen, mit ihr Frieden zu schließen. Vielleicht sogar Freundschaft. Denn das Leben braucht nicht nur Tempo, sondern auch Tiefe. Nicht nur Lautstärke, sondern Resonanz. Nicht nur Strategie, sondern Intuition.
Und so bedeutet das für hochsensible Frauen: ihre Feinfühligkeit ist kein Defizit, sondern Ausdruck einer besonderen Reizverarbeitung. Gleichzeitig lohnt sich ein genauer Blick: Belastet dich deine Sensibilität, kann es hilfreich sein zu prüfen, ob alte Schutzstrategien am Werk sind.
In jedem Fall gilt:
Deine Sensibilität ist kein Fehler – sie ist deine Gabe und Ressource. Vielleicht war sie einst dein Schutz. Heute darf sie Kompass sein.
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